Es seien gute Nachrichten für Gaststätten und Hotels in Bayern, so der bayerische Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger Ende vergangener Woche angesichts des Zugeständnisses von Versicherern, zwischen 10 und 15% der bei Betriebsschließungen jeweils vereinbarten Tagessätze zu übernehmen und an die Gaststätten und Hotels auszuzahlen (AssCompact berichtete). An den Kompromissgesprächen nahmen Vertreter des Bayerischen Wirtschaftsministeriums, der DEHOGA Bayern, der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft sowie der Versicherungskammer Bayern, der Allianz und der Haftpflichtkasse teil. Der erarbeiteten Empfehlung haben sich Zurich und NÜRNBERGER direkt angeschlossen. Die Versicherer haben angekündigt, die Regelung bundesweit umzusetzen und auch auf andere Branchen auszuweiten.
BDVM: Akzeptanz hängt von mehreren Punkten ab
Die Versicherer sehen dies als Zugeständnis und Solidaritätsgeste, denn ein Versicherungsschutz ergebe sich ihrer Ansicht nach aus den abgeschlossenen Betriebsschließungsversicherungen nicht. Anders sieht das der Bundesverband Deutscher Versicherungsmakler (BDVM). Er hatte in einer Stellungnahme die Einstandspflicht der Versicherer angemahnt (AssCompact berichtete).
Dennoch wertet der BDVM die getroffene Einigung als einen Schritt in die richtige Richtung. Die Akzeptanz hänge aber auch davon ab, dass sich nun möglichst viele Versicherer der Lösung anschlössen. In einem Gespräch mit AssCompact erklärte Dr. Hans-Georg Jenssen, geschäftsführender Vorstand des BDVM, zudem, dass es auch darauf ankomme, ob die zugrundeliegenden Prämissen bundesweit und in der Breite zuträfen.
Statistische Durchschnittswerte
Der Kompromiss basiert auf einer Durchschnittsrechnung: So wird davon ausgegangen, dass sich der wirtschaftliche Schaden eines Unternehmens durch Unterstützungsmaßnahmen wie Kurzarbeitergeld und Soforthilfen aus Bund und Land sowie durch die ersparten Aufwendungen (zum Beispiel für Materialkosten) im Durchschnitt um rund 70% reduzieren werde. Da sich die Art der Gastronomiebetriebe aber deutlich voneinander unterscheidet, lässt sich auch vermuten, dass die Auffangmaßnahmen in den Betrieben auch unterschiedlich greifen werden. Infolge dessen könnten die verbleibenden Einbußen auch höher als 30% ausfallen und die zugesagten Zahlungen der Versicherer von 10 bis 15% in einem anderen Licht erscheinen.
Tragfähigkeit in der Praxis ausloten
Es wird also darauf ankommen, wie sich die Regelung in der Praxis gestaltet. Der BDVM hat seine Mitglieder jedenfalls aufgefordert, mit ihren Kunden in den Dialog zu treten und die Tragfähigkeit des Kompromisses in der Praxis auszuloten.
AfW-Verband: Kunden nicht an Regelung gebunden
Der Bundesverband Finanzdienstleistung AfW weist zudem darauf hin, dass die betroffenen Versicherungskunden nicht an die Regelung gebunden seien. Es stehe ihnen weiter frei, eine konkrete Regulierungsentscheidung herbeizuführen. Dennoch würde nun einer Vielzahl an Gewerbetreibenden der Weg langwieriger Rechtsstreitigkeiten erspart bleiben. Versicherungsvermittler kämen zudem in eine bessere Position, wären sie sonst in erheblicher Erklärungsnot gegenüber ihren Kunden geblieben bzw. gekommen.
Insofern begrüßt der AfW-Verband den Kompromiss. Kritisch sieht er, dass es sich bisher gerade nicht um eine Brancheninitiative der gesamten Versicherungswirtschaft handele bzw. viele namhafte Versicherer bisher auch nicht mitgezogen hätten. Vorhandene kartellrechtliche Bedenken wären in Anbetracht der Ausnahmesituation sicherlich im Schulterschluss mit der Politik zu klären gewesen, so die Einschätzung des Verbands. (bh)
Bild: © Andreas Gruhl – stock.adobe.com
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